Warum wir Igel füttern sollten

Igelbestände brechen ein

Die genaue Zahl der heimischen Igel ist leider nicht bekannt. Da es bei den Igeln leider keine jährliche Zählaktion gibt, wie die „Winterzählung“ des NABU für Vögel, lässt sich der Rückgang der Igelpopulation leider nur Hand der Zahl totgefahrener Igel auf den Straßen schätzen. Viele tote Igel auf den Straßen deuten auf eine noch recht hohe Population hin. Wenige bzw. keine toten Igel deuten auf niedrigen oder keinen Bestand mehr hin. Auch wenn es absurd klingt, so ist ein toter Igel auf der Straße zumindest ein Hinweis, dass in der Nähe überhaupt noch Igel sein könnten. Zwei Untersuchungen, für die bestimmte Straßenabschnitte in Bayern und Hessen jahrzehntelang regelmäßig abgefahren wurden, kommen zu dem Ergebnis, dass die Igelbestände seit den 1990er Jahren regelrecht zusammengebrochen sind. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Studien aus England, Dänemark, Schweden und weiteren Ländern (1). In einigen Bundesländern steht der Igel bereits seit vielen Jahren auf der Roten Liste bedrohter Tierarten (2).

„Heute gibt es mit Sicherheit viel weniger
Igel als noch vor 30 oder 40 Jahren.“

Institut für Zoo- und Wildtierforschung (1)

Insektensterben – immer weniger Nahrung für Igel

Nicht nur die Wildvögel leiden enorm am dramatischen Rückgang der Insekten. Auch die Igel finden durch das Insektensterben immer weniger Nahrung in der Natur.
Namhafte Ornithologen, wie Prof. Dr. Peter Berthold, empfehlen daher schon seit vielen Jahren die permanente Fütterung der Wildvögel, da die Bestände durch Lebensraumverlust und Futter-/Insektenmangel nachweisbar stark sinken (3). Dieses Schicksal teilen sie sich mit dem Igel, aus den gleichen Gründen. Auch Igel leiden unter dem Lebensraumverlust, vor allem durch die intensive Flächennutzung in der Landwirtschaft und dem dramatischen Verlust ihrer Hauptnahrungsquelle, den Insekten.

„Die Igel leiden besonders unter dem Insektensterben,
denn sie finden immer schwerer ausreichend Nahrung.“

Heinz Sielmann Stiftung (4)

Untergewicht immer wieder ein Problem

Igel benötigen Energiereserven im Form von Fett für den Winterschlaf. Besitzt ein Igel zu wenig Fett, reicht die Energie nicht aus um die Körperfunktionen des Igels während des Winterschlafs aufrechtzuhalten. Igel, die wegen aufgebrauchten Fettreserven zu früh aufwachen, finden noch keine Nahrung und verhungern. Bei den Igelstationen werden zunehmend mehr untergewichtige Igel eingeliefert (5). In der Natur überleben schätzungsweise 60 bis 80 Prozent aller Jungigel ihren ersten Winter nicht – sie sterben, weil sie nicht genügend Futter finden. Bei den erwachsenen Igeln sterben 20 bis 45 Prozent während des Winters (6).

„… das Futterangebot reicht hinten und vorne nicht.“

Igelzentrum ‚aktion tier‘ Niedersachsen (7)

Futtermangel sogar im Sommer

Auch wenn der Sommer die Insektenreichste Zeit des Jahres ist, so trägt das Insektensterben und der Klimawandel auch im Sommer dazu bei, dass Igel nicht ausreichend Nahrung finden. Der Rückgang der Insekten ist im Sommer mit 82 Prozent sogar noch höher als im Jahresdurchschnitt mit 76 Prozent (8). Wenn der Sommer sehr trocken ist, hemmt dies die Fortpflanzung der Insekten. Damit eine Igelmutter ausreichend Muttermild für ihren Nachwuchs produzieren kann braucht die Igelmutter aber ausreichend Nahrung.

„Viele Igelmütter können nicht genügend Milch produzieren,
die Jungen sind daher oft zu dünn, verwahrlost und verwaist.“

Netzwerk Igel e.V., Aufzuchtstation Wuppertal (9)

Krank durch Unterernährung

Unterernährung hat immer auch negative Auswirkungen auf das Immunsystem des Igels. Krankheitserreger können schlechter bekämpft werden, Krankheiten brauchen länger um auszuheilen oder können einen Igel sogar töten.
Wenn zudem die Lieblingsspeise der Igel, nämlich Käfer und Schmetterlingslarven, in der Natur für den Igel kaum noch zu finden sind, müssen sie auf weniger beliebte Alternativen wie Schnecken ausweichen (10). Diese sind allerdings sehr häufig Überträger von Innenparasiten. Zum geschwächten Immunsystem durch Nahrungsmangel kommt dann also noch zusätzlich ein Befall von Lungenwürmern und Darm-Parasiten, die das Immunsystem noch weiter belasten.

„Weil das Nahrungsangebot so dünn ist, fressen viele ersatzweise Regenwürmer oder Schnecken. Die schmecken den Igeln zwar, sind aber oft Überträger von Innenparasiten.“

Netzwerk Igel e.V., Aufzuchtstation Wuppertal (9)

Fazit: Füttern!

Sinkende Bestände und immer mehr unterernährte Igel zeigen, dass das natürliche Nahrungsangebot der Igel nicht mehr in ausreichender Menge vorhanden ist. Dies macht die Fütterung von Igeln notwendig. Igel sollten also von Frühlingbeginn bis Winteranfang mit Futter versorgt werden. Das Futter sollte der natürlichen Nahrung der Igel entsprechen.

Auch der NABU empfiehlt die Fütterung:

„Wenn Sie Igel im Garten haben, dann dürfen Sie zufüttern.“

NABU Metzingen (11)

Quellen:
1 – Verlust an Lebensraum lassen die Igel-Bestände schrumpfen (EPA)
2- Igel auf der Roten Liste (BR24)
3 – Garten für Vögel: Warum Sie ganzjährig füttern sollten (MDR)
4 – Wettlauf gewonnen: Igel ist Gartentier des Jahres 2020 (Heinz Sielmann Stiftung)
5 – Pflegenotstand: Es gibt so viele untergewichtige Igelbabys wie noch nie (dpa)
6 – Auch Igel vom Aussterben bedroht (Parchimer Zeitung)
7 – Igelzentrum versorgt mehr als 800 Tiere (Hannoversche Allgemeine)
8 – Dramatischer Insektenschwund in Deutschland (Süddeutsche Zeitung)
9 – Die Nahrungstiere des Igels (Pro-Igel e.V.)
10 – Darum sind derzeit so viele Igel unterernährt (RP Online)
11 – Igelhilfe – aber richtig! (NABU Metzingen)