Ratten am Vogelfutter

Wer Vögel füttert, wird früher oder später auch Besuch von Ratten bekommen. Zunächst sollte man wissen, dass Ratten weltweit verbreitet sind (1). Allein in Deutschland wird die Zahl der Nager auf ca. 350 Millionen geschätzt – mehr als viel mal so viel, wie es Menschen in Deutschland gibt (2). Es ist also nicht ungewöhnlich hin und wieder eine Ratte zu sehen. Ratten fressen mit Vorliebe Samen, Getreide und Nüsse (3) und finden deshalb an der Futterstelle oder im Vogelfutterhaus genau was sie suchen. Einmal entdeckt, kommen Ratten immer wieder an die Stelle, an der sie eine sichere Nahrungsquelle ausgespäht haben. Das wird dann zum Problem, wenn Ratten in immer größerer Zahl vorkommen, sich Nistplätze bauen und sich auf Grund des guten Nahrungsangebotes immer weiter vermehren.

Pflicht zur Schädlingsbekämpfung

Einzelne Ratten, die hin wieder gesichtet werden sind völlig normal und stellen in der Regel für niemanden ein Problem dar. Ein größerer Rattenbefall ist in Deutschland aber meldepflichtig (4, 18). Wird den Behörden, zum Beispiel auch von Nachbarn, ein Rattenbefall auf einem privaten Grundstück gemeldet, ist der Grundstückseigentümer rechtlich dafür verantwortlich und verpflichtet sich um den Schädlingsbefall zu kümmern. Im Fall, dass der Grundstückseigentümer keinen Erfolg bei der Bekämpfung hat, kann die Ordnungsbehörde professionelle Schädlingsbekämpfungsfirmen beauftragen – auf Rechnung des Grundstückseigentümers (5). Mitunter kann es vorkommen, dass der Vermieter die Kosten auf den Mieter übertragen kann, wenn der Mieter nachweisbar Vögel füttert und damit Ratten anlockt (6).

Auch wenn man Ratten mag, ist man immer rechtlich verpflichtet Maßnahmen gegen die Nager einzuleiten – am besten mit tierverträglichen Mitteln. Grundlage für dieses Vorgehen ist §2 Abs.12 Infektionsschutzgesetz bzw. Bundes-Seuchengesetz.

Die rattensichere Futterstation

Um nicht die Fütterung für die Vögel komplett einzustellen, sollte der Vogelfutterplatz daher so rattensicher wie möglich gebaut sein. Zu aller erst sollten Ratten das Futter nicht erreichen können. Ratten sind nachtaktive Tiere und gehen normalerweise bei Dunkelheit auf Nahrungssuche. Am besten bietet man den Vögeln also tagsüber nur so viel Futter an, dass am Abend nichts mehr davon übrig ist. Sollte das nicht gelingen, so kann man das Futterhaus am Abend eventuell mit kleinen Holzbrettern so verschließen, dass keine Ratte mehr an das Futter gelangt.

Oft stehen Futterhäuser auf einem Dreibein aus Holz. Alternativ kann man hier auch Metallsäulen nutzen, an denen die Ratten nicht hochklettern können. Für meine Futterstation nutze ich Edelstahlsäulen:

(Livestream zur Futterstation)
Alternativ funktioniert auch ein Holzpfosten mit einem darübergestülpten Abflussrohr. Das Alles ist natürlich nur dann sinnvoll, wenn die Vögel tagsüber nicht das ganze Futter schon auf dem Boden verteilt haben. Abhilfe schaffen hier Auffangschalen oder höhere Umrandungen rund um das Futterhaus. Ein Fundament aus Zement erleichtert am Abend das Aufkehren von heruntergefallenem Futter.
Finden Ratten kein Futter mehr, ziehen sie irgendwann weiter.

Bitte kein Rattengift!

Modernes Rattengift wirkt erst nach längerer Zeit, manchmal sogar erst nach mehreren Tagen, damit Ratten und Mäuse die Wirkung des Gifts bzw. das damit verbundene Unwohlsein, nicht mit dem Futter in Verbindung bringen und so viel wie möglich davon fressen. Da Ratten und Mäuse aber auch auf der Speiseliste von Eulen, Katzen, Füchsen, Mardern und vielen anderen Wildtieren stehen, werden diese Tiere dadurch ebenfalls vergiftet (8). Alle einheimischen Eulen zählen in Deutschland zu den streng geschützten Arten (9). Vergiftete Eulen und andere vergiftete Raubtiere, sollten also unbedingt vermieden werden.

Schlagfallen töten wahllos!

Ich persönlich nutze keine Schlagfallen und möchte auch eindringlich davon abraten diese im Garten einzusetzen. Das Risiko, dass andere Tiere wie Igel, Vögel, Eichhörnchen oder auch Katzen sich schwere bis tödliche Verletzungen zuziehen, ist nach meiner Erfahrung größer, als dass sie wirklich Ratten damit fangen. Selbst die sogenannte Rattenbox, in der die Falle in einer verschlossenen Box liegt, hält zwar größere Tiere wie Katzen und Hunde davon ab sich zu verletzen, kleinere Tiere wie Jungigel, junge Eichhörnchen und Vögel gelangen aber dennoch hinein. Glauben Sie mir, dass der Anblick einer kleinen Meise, die mit ihrem Beinchen (gebrochen) noch in der Schlagfalle hängt, grausam ist! Auch Mäuse die mit gebrochener Wirbelsäule noch lebend in der Falle darauf warten, dass man sie erlöst, sind Bilder die man nicht so schnell vergisst! Zumindest hätte ich gut darauf verzichten können… Ratten sind zudem eben sehr vorsichtig und lernen auch solche Boxen zu meiden.

Lebendfallen – die beste Methode

Der Einsatz von Lebendfallen ist also offensichtlich die humanste Methode Ratten zu fangen. Es werden keine Tiere verletzt oder gar getötet und Tiere die fälschlicherweise gefangen wurden, können unverletzt an Ort und Stelle wieder freigelassen werden.
Da Ratten hauptsächlich Nachts aktiv sind, können die Fallen Abends aktiviert und am Morgen wieder deaktiviert werden, um unbeabsichtigte Fänge von tagaktiven Tieren wie Vögeln und Eichhörnchen auszuschließen. Mit dem entsprechenden Futter für Ratten reduziert man auch die Wahrscheinlichkeit, dass nachtaktive Igel die Falle betreten. Da Ratten im Gegensatz zu Igeln sehr gut klettern können, kann die Falle auch erhöht gestellt werden (z.B. auf eine Mauer oder auf gestapelte Ziegelsteine), um das Risiko zu minimieren, dass Igel die Falle aus Versehen betreten.

Lebendfallen und das Gesetz

Generell ist der Einsatz von Lebendfallen nicht verboten (10).
Im Jagdrecht gibt es zwar scharfe Regeln bei der Nutzung von Lebendfallen (z.B. Sachkundenachweis, Mindestgröße usw.), diese gelten aber nicht bei der privaten Schädlingsbekämpfung auf dem privaten Grundstück (11, 12).

„Während Fallen in der freien Natur dem Jagdrecht unterliegen, ist dies bei der Schädlingsbekämpfung auf dem Privatgrundstück nicht gegeben. Dort bestehen lockere Regelungen, sodass lediglich das Tierschutzgesetz zu berücksichtigen ist. Das Aufstellen der Fallen zur Schädlingsbekämpfung ist auch für Privatpersonen ohne nachgewiesene Fachkenntnisse erlaubt.“

Schädlingsbekämpfung Sebastian Jacobitz (11)

Dennoch kommt das Tierschutzgesetz auch auf privaten Grundstücken zur Anwendung, das besagt, dass jede Falle zuverlässig funktionieren muss und kein vermeidbares Leid verursachen darf (11). Lebendfallen sollten daher regelmäßig kontrolliert werden, mindestens zweimal täglich, am besten aber mehrmals täglich. Unbeabsichtigt gefangene Tiere müssen sofort freigelassen werden.

Lebendfalle günstig selber bauen

Lebendfallen kann man entweder im Fach- oder Onlinehandel kaufen oder mit etwas handwerklichen Geschick einfach günstig selbst bauen. Ich selbst nutze gekaufte, als auch selbstgebaute Lebendfallen. Inspiriert durch ein YouTube-Video, habe ich diese Rohrfalle hier einfach nachgebaut:

Die Lebendfalle ist sehr günstig nachzubauen und besteht nur aus einem Stück Abflussrohr, welches man in jedem Baumarkt kaufen kann, etwas Holz und Schrauben und einem kleinen Metallgitter, welches mit einem Kabelbinder befestigt wird.

Das Futter, in meinem Fall sind das Haselnüsse, wird am hinteren Ende des Rohrs (am Gitter) positioniert. Die Ratte gelangt nur an das Futter, indem sie das Rohr über die Rampe betritt und nach hinten durchläuft. Das Gewicht der Ratte, sorgt dann dafür, dass das Rohr leicht kippt, wenn sie am Futter angelangt ist. Ein kleines Holzstück fällt daraufhin nach unten. Möchte die Ratte nun die Falle wieder verlassen, sorgt sie mit ihrem Gewicht dafür, dass das Rohr an der Seite der Öffnung nach unten kippt, wo die Rampe den Ausgang versperrt.

Mit dieser Falle war ich schon oft erfolgreich – in den letzten fünf Jahren habe ich schätzungsweise 40-50 Ratten umsiedeln können. Hier nur ein paar ausgewählte Bilder von den Fängen:

Ratten in die Falle locken

Damit in erster Linie nur Ratten in die Falle gehen, sollte auch Futter in der Lebendfalle liegen, was hauptsächlich Ratten anlockt. Hier gibt es sehr viele unterschiedliche Meinungen dazu, was am besten funktioniert. Angeblich sollen Erdnussbutter, Nuss-Nougat-Creme, Schokolade, Speck oder Brot sehr gut funktionieren. Auch Obst wie Äpfel, Wassermelone, Erdbeeren oder Weintrauben stehen hoch im Kurs. Eier, Wurst und Fleischwaren sollte nicht unbedingt angeboten werden, weil dies Tiere wie Katzen und Igel in die Falle locken kann.

Ich persönlich habe bereits alle gängigen Mittel ausprobiert und tatsächlich die besten Ergebnisse mit einfachen Haselnüssen (ungeschält) gemacht. Man sieht auf den oben gezeigten Bilder auch noch einige davon in den Fallen liegen. Diese bekommt man einfach, schnell und sauber in die Falle und sie schimmeln nicht, können also auch längere Zeit dort verbleiben.

Ratten umsiedeln

Das Umsiedeln von Ratten wird immer wieder kontrovers diskutiert, da die Möglichkeit besteht, dass Ratten in fremden Gebieten von fremden Rattenkolonien angegriffen und getötet werden. Hierbei wird immer wieder das Tierwohl als Argument angeführt. Dabei vergisst man aber, dass die einheimische „Wanderratte“ zwar standorttreu ist, aber unter schlechten Lebensbedingungen weiter in neue Gebiete siedelt und daher durchaus in der Lage ist in fremden Gebieten zu überleben (13). Ratten sind sehr intelligente Fluchttiere und vermeiden gefährliche Konfrontationen mit Artgenossen (14). Zudem leben nicht überall fremde Ratten. Eine Umsiedlung bedeutet also nicht unbedingt den Tod der Ratte.

Damit Ratten den Weg zurück nicht mehr finden, sollten sie erst nach 1-3 Kilometern wieder ausgesetzt werden (15, 16) – je weiter desto besser. Für die Aussetzung der gefangenen Ratte, sollte man unbesiedelte (Wald-)Gebiete bevorzugen, damit man sein „Problem“ nicht einfach an andere Menschen weitergibt und sich die Ratten auf anderen privaten Grundstücken neu ansiedeln. Jeder von uns würde sich sehr belästigt fühlen, wenn Fremde ihrer Rattenfänge vor dem eigenen Grundstück freilassen würden.
Ich persönlich lasse meine gefangenen Ratten in unbewohnten Waldgebieten frei.
Im Wald kann die Ratte sich selbst überlassen werden und sich entweder neu ansiedeln, weiter in andere Gebiete ziehen oder dient anderen Raubtieren als Nahrung. Zum Beispiel ernähren sich im Wald lebende Eulen gern von Ratten (17) – daher bitte niemals Ratten im Wald aussetzen, die vorher eventuell Kontakt mit Rattengift hatten!

Beim Freilassen muss man übrigens keine Angst haben, dass die Ratten einen angreifen, auch wenn sie dies, in der Falle sitzend, immer wieder versuchen und in der Falle häufig aggressiv wirken. Wenn sie die Möglichkeiten haben zu fliehen, tun sie es auch und greifen nicht an. Ich wurde beim Freilassen, noch nie von einer angegriffen. Hier ein paar Videos vom Freilassen aus meinen Fallen:
Video 1 + Video 2 + Video 3 + Video 4 + Video 5

Quellen:
1 – Wanderratte – Vorkommen und Lebensweise (MIBABS Schädlingsbekämpfung)
2 – Schärfere Gesetze bei Rattenbekämpfung (kommunaldirekt.de)
3 – Wanderratte – Nahrung (Wikipedia)
4 – Ratten im Garten: Besteht eine Meldepflicht? (Focus Online)
5 – Schädlingsbekämpfung (Gemeinde Recke)
6 – Wer trägt die Kosten für Kammerjäger (Rentokil Schädlingsbekämpfung)
7 – Rats Can Be Smarter Than People (Harvard Business Review)
8 – Rattengift: Seltene Schleiereulen sterben qualvoll vor der Livecam (RND)
9 – Besonders und streng geschützte Arten (Institut für Ökologie, TU Berlin)
10 – Rodentizide (Umwelt Bundesamt)
11 – Regelungen bei der Schädlingsbekämpfung (ungeziefero.de)
12- Fallen in der Jagd (Wikipedia)
13 – Wie lange bleiben Wanderratten? (Plantopedia)
14 – Wanderrate (Umwelt Bundesamt)
15 – Ratten mit Lebendfalle fangen (Focus Online)
16 – Was tun gegen Rattenlöcher im Garten? (Gartendialog)
17 – So leben Schleiereulen (Bundesamt für Naturschutz)
18 – Was tun bei Ratten im Garten? (Toom Ratgeber)