Igelnahrung: Schnecken & Lungenwürmer

Unter welchen Bedingungen werden Schnecken gefressen und gibt es Auswirkungen auf die Gesundheit des Igels? Hier klären wir welche Bedeutung Schnecken in der Ernährung des Igels haben und welche Rolle Lungenwürmer dabei spielen.

Schnecken in der natürlichen Ernährung

Ob und wie viele Schnecken von Igeln gefressen werden wurde in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder in wissenschaftlichen Studien untersucht. Dazu wurde der Verdauungstrakt von überfahrenen europäischen Braubrustigeln (Erinaceus europaeus) analysiert und der prozentuale Anteil der Energie ermittelt, der in Form von Schnecken aufgenommen wurde:

Cambell (1973), Südinsel Neuseelands: 5,3% (1)
Yalden (1976), England: 3,1% (2)
Grosshans (1983), Deutschland: 1,3% (3)
Wroot (1984), England: 5,6% (4)

Der Gesamtenergieanteil durch Schnecken betrug mit 1,3% bei deutschen Igeln am wenigsten und mit 5,6% bei englischen Igeln am meisten. Aus diesen vier Studien ergibt sich somit ein Gesamt-Energieanteil durch Schnecken von 3,8%. Man kann also sagen, dass der Nahrungsanteil durch Schnecken sehr gering ist.

Anmerkung: Diese Studien entstanden, als Klimawandel und Insektensterben noch keine große Rolle spielten. Schnecken stehen also nicht erst seit ein paar Jahren auf dem Speiseplan des Igels.

Schnecken als Ersatznahrung

Es gibt tatsächlich eine Untersuchung aus dem Jahr 1959, die ein ganz anderes Bild zeigt. So wurde beobachtet, dass Igel, die in den Sanddünen neuseeländischer Inseln leben, fast ausschließlich Weichtiere fraßen, wobei Schnecken bis zu 90% der Gesamtnahrung ausmachten (1).

Dazu ist es aber wichtig zu wissen, dass der europäische Igel erst im 19. Jahrhundert von britischen Kolonialisten in Neuseeland eingeschleppt wurde. Auf Grund seiner extremen Anpassungsfähigkeit ist der Igel in der Lage auch in nahrungsarmen Gebieten Futter zu finden und zu überleben. In anderen Teilen Neuseelands beträgt der Energieanteil durch Schnecken nur 5,3% (1).

Man kann also davon ausgehen, dass Schnecken vor allem dann eine Rolle in der Ernährung des Igels spielen, wenn andere Futtertiere kaum zu finden sind.

Lungenwürmer durch Schnecken

Einer der häufigsten Infektionskrankheiten durch Schnecken ist der Lungenwurm (Crenosoma striatum). Der Lungenwurm befällt die Luftröhre, die Bronchien und die röhrenartigen Ästchen der Lunge. Die Larve des Lungenwurms wird von der Schnecke am Fuß aufgenommen. Nach ca. drei Wochen entwickelt sich dort eine ansteckungsfähige Larve. Wird die Schnecke gefressen, wird auch die Lungenwurm-Larve vom Igel aufgenommen und nistet sich in der Lunge des Igels ein. Dort gebärt der Lungenwurm lebende Larven mit einer Größe von ca. 0,3 mm. Diese werden in der Regel von gesunden Igeln hochgehustet, abgeschluckt und über den Kot ausgeschieden (5).

Leben mit Lungenwürmern

Man könnte davon ausgehen, dass bei einem so geringen Anteil von Schnecken in der Gesamtnahrung des Igels eine Infektion mit Lungenwürmern nur sehr selten auftritt. Tatsächlich ist der Lungenwurm die häufigste Infektionskrankheit bei freilebenden Igeln. Studien belegen, dass 79% aller freilebenden Igel mit Lungenwürmern infiziert sind (6). Vier von Fünf Igel sind demnach davon betroffen. Die Infektionswege finden dabei nicht ausschließlich durch Schnecken statt. Auch wird der Parasit bereits durch die Muttermilch an die Jungen weitergegeben (5). Natürlich sind aber deshalb nicht 79% aller wilden Igel hilfsbedürftig. In der Regel lebt der Igel mit dem Innenparasit in einer Art Gleichgewicht. Um die Zahl der Lungenwürmer klein zu halten ist es essentiell, dass der Igel diese heraufhustet um sie abschlucken und ausscheiden zu können (7, 8).

Wann Lungenwürmer gefährlich werden

Ein gelegentlich hustender Igel benötigt keine Hilfe. Nur wenn ein Igel durch Nahrungsmangel, schwere Verletzungen oder andere schwerwiegende Erkrankungen zu sehr geschwächt ist, das Husten nicht mehr stark genug ist um die Larven aus der Lunge zu schleudern, können die Larven in der Lunge verbleiben und als Massenbefall zum Tod des Igels führen. Hustet der Igel also permanent ist es sinnvoll ein Entwurmungsmittel zu verabreichen, damit der Igel wieder zu Kräften kommen kann. Hierbei ist es wichtig, dass die Ursache für die Schwächung des Immunsystem gefunden und mit behandelt wird.

Bei sonst vitalen hilfsbedürftigen Igeln, z.B. mit kleineren Verletzungen, wird abgeraten prophylaktisch zu entwurmen. Diese würden kurz nach der Freilassung sowieso wieder infiziert (8, 9).

Fazit

Schnecken stehen in sehr geringen Mengen auf dem Speiseplan des Igels. Eine Infektion mit Lungenwürmern ist bei freilebenden Igel weit verbreitet und sorgt erst dann für Probleme wenn andere schwerwiegendere Einflüsse das Immunsystem schwächen.

Quellen:
1 – Feeding behaviour of the european hedgehog (Erinaceus europaeus L.) in a new zealand pasture (Patricia Ann Campbell, University of Canterbury)
2 – The Food of the Hedgehog in England (D. W. Yalden, Manchester University)
3 – On the food of the hedgehog (Erinaceus europeaeus L. 1758). Studies of stomach contents of hedgehogs from Schleswig-Holstein (W. Grosshans, Zoologischer Anzeiger)
4 – Feeding ecology of the European hedgehog Erinaceus europaeus (A. J. Wroot, University of London)
5 – Crenosoma striatum (Wikipedia)
6 – Mortality, diseases and diet of European hedgehogs (Erinaceus europaeus) in an urban environment in Finland (University of Eastern Finland)
7 – Igelparasiten: Der Lungenwurm (Pro-Igel)
8 – Häufige Fragen (Igelzentrum Zürich)
9 – Der Fluch der Schnecken und Regenwürmer (Igelpfade)